Is tango easy or terribly hard? A graphic artist goes on an adventurous trip into the world of
the tango - discovering, laughing, struggling,despairing, learning. Can I tango? Maybe!

Mittwoch, 19. Juni 2013

Inside-out – Vom Innen und Außen

Es ist immer wieder überraschend für mich, wie wenig man einem Tänzer (und wohl ebenso einer Tänzerin) ansehen kann, wie es sich anfühlt, mit ihm oder ihr zu tanzen. Auch wenn ich bei einer Milonga die Tänzer lange beobachte, versuche mir ein Bild zu machen, zu ahnen, wie es sich anfühlt, sich in ihre Arme zu begeben und von ihnen führen zu lassen, so bin ich eigentlich jedes mal überrascht, wie weit die Vorstellung von der Realität abweicht. Ein Tänzer, der weich und ruhig aussah, so dass es eine Wonne sein müsste mit ihm zu tanzen, erwies sich mit mir in seinen Armen als fest, klammernd und unflexibel. Ein anderer Tänzer, bei dem ich Sorge hatte, dass er mir den Raum lässt, auf meiner Achse zu stehen und dort zu bleiben, fühlte sich in der getanzten Realität luftig, einfühlsam und dennoch sehr klar an, so dass die Tanda ein reiner Genuss war und ich anschließend erst von einem anderen Stern zurück geholt werden musste, um mich zu orientieren und zu meinem Platz zurück zu finden. {An dieser Stelle füge ich einen Lobgesang auf die Tradition ein, seine Tanzpartnerin nach einer Tanda zurück zu ihren Platz zu führen. Wenn wir davon ausgehen, dass der Tanz eben so ein vom Boden abhebender war – und davon sollten wir immer ausgehen – dann wird der ganze Zauber des Augenblicks in Sekunden schnelle ernüchtert, wenn die soeben wieder auf dem Erdboden gelandete Tänzerin völlig verdaddert auf eben welchem stehen gelassen wird. Ich bin allen Tänzern sehr dankbar, die mich sicher zu meinem Platz zurück führen.}

Again and again I am surprised to see how little one can find out by watching a dancer about how it feels to dance with him or her. Even if I take my time during a milonga to watch all dancers in order to detect how it could feel to dance within their arms, to be led by them, I am quite surprised to find that reality feels very different. A tanguero who seemed calm and subtle so that I had hoped for a delightful tanda with him, was stiff and inflexible with me in his arms. Another dancer, whom I watched with a little reservation, doubting if he would leave enough space to be and stay on my axis, was pure bliss with a wonderful blend of softness, lightness and determination, leaving me starry-eyed and helpless on the dance floor after the tanda. This is the ideal opportunity to praise the tradition of bringing ones dance partner back to her seat after a tanda. If we assume - and we always should - that the tanda was one of those leaving her starry-eyed and out of this world, then the magic of the moment will be in shambles if you leave her helpless on the dance floor, work achieved. I am very grateful to all tangueros guiding me back to my seat!

Aber zurück zu dem Unterschied zwischen äußerer Wahrnehmung und innerem Tanzgefühl. Vielleicht liegt meine Überraschung daran, dass ich in meinen Tango-Kinderschuhen stecke und zu wenig Erfahrung habe. Einen Anteil an diesem Phänomen hat ganz bestimmt die Tatsache, dass beide Tanzpartner auf den jeweils anderen reagieren. Ein Tänzer kann mit einer bestimmten Tänzerin hervorragend harmonieren und einfühlsam tanzen, während zum Beispiel die fehlende Balance einer anderen Tänzerin ihn anstrengt und fest werden lässt. Meiner Meinung nach die Hauptverantwortliche für dieses Phänomen ist allerdings die Tatsache, dass man das innere Gefühl einer getanzten Umarmung von außen nicht oder nur unzulänglich ablesen kann. Innerhalb einer solchen Umarmung passieren Dinge, die mit dem äußeren Bild recht wenig zu tun haben. Man sucht nach äußeren Indikatoren, um auf das innere Gefühl zu schließen, aber letzen Endes sind das nur Krücken. Es bleibt nur das Ausprobieren.

But lets return to the difference between perception from the outside and inner feeling. Maybe my surprise at this phenomena is due to me being in my tango-childhood with too little experience. Another cause will certainly be that both dance partners react to another. A dancer harmonizing perfectly with one certain tanguera can be stiff and forcing with another, maybe due to her lack of balance. In my opinion, the major cause for this phenomena is the fact that inside and outside do not correlate. What happens within the embrace is something intimate which is not visible to the outside. Since we only perceive the outside, we look for indicators that may give us a clue about the inside. But this is but a crutch. The only way to find out is to try out!

An dieser Stelle möchte ich mich noch mal auf meinen Blog-Eintrag vom 3. Februar (Schokoladentarte mit Tango) beziehen. Damals – ja, ich finde das kann ich sagen, denn das scheint mir schon Jahre her, auch wenn es nur 4 Monate sind – damals also war ich nur Beobachter und versuchte die Haltungen und Gesichtsausdrücke, also das Äußere der getanzten Umarmungen zu deuten. Ich war überrascht über die ernsten, manchmal fast mürrisch wirkenden Gesichter. Aber das war mein Blick von außen. Wenn wir nach innen gekehrt und konzentriert sind, verändert sich unser Gesichtsausdruck. Viele Menschen sehen dann eben etwas ernst und mürrisch aus. Nur sehr wenige lächeln. Und dieses Äußere sagt recht wenig aus darüber, wie sich die Umarmung tatsächlich anfühlt, wie sich die Tänzer in ihr fühlen. Mürrisch und gelangweilt waren die Tänzer sicher nicht und ich möchte mich für meinen noch unreifen Blick entschuldigen. Ich merke, wie sich mein Blick im Laufe der Zeit, die ich mich mit Tango beschäftige immer wacher und liebevoller wird. Das liegt sicher daran, dass ich mich nicht mehr ganz im Außen fühle, und dass ich täglich neues über die Welt des Tango und über die Menschen, die in ihr leben, lerne. Und das gefällt mir.

I want to return to my post of February 3rd (Schokoladentarte mit Tango), in which I described my observations during a milonga. This was ages ago, even if only 4 months. I was not dancing, I had taken the role of an external observer and, very curious, tried to interpret the poises, expressions, movements of the dancers. I was surprised to find so many serious, even glum expressions. But that was just my external view. When we are concentrated or turned to the inside, our expression changes. Many people look a bit grumpy when very concentrated. Very few smile. This outside view tells us very little about what actually happens in the embrace, how it feels. Those dancers certainly weren't glum or grumpy, and looking back I want to excuse my premature perception. I am growing the more I enter and learn about the world of the tango and its inhabitants. My perception becomes more and more aware. And that I enjoy!


Montag, 10. Juni 2013

Cocooning Phases - Raus aus dem Kokon!



Lernen ist kein gradliniger Prozess. Mehr Wissen, mehr Erfahrung ist nicht immer gleich mehr Meisterschaft. So wie alles in der Natur, so entwickelt sich auch ein Lernprozess in Wellen. Aufstiege, Abstiege, Plateaus, schier nicht enden wollender Stillstand, der aber nur der Vorbote für einen weiteren Anstieg der Lernkurve ist. Auch wenn diese Plateaus manchmal schwer auszuhalten sind (yes, catwoman!), weil scheinbar nichts passiert, obwohl man sich alle erdenkliche Mühe gibt, so sind es doch nur Verpuppungs-Phasen, die den Stillstand brauchen, um auf die nächste Stufe zu "schlüpfen". Und ganz plötzlich, man hat sich schon als Tango-Legastheniker abgestempelt, macht es "Schwupp" und man schlüpft aus dem temporären Kokon, tanzt mit einer zuvor ungekannten Leichtigkeit. Hach! Bei mir hat es am Wochenende im Laufe eines schönen Milonga-Abends mit sehr angenehmen, freundlichen Tänzern "Schwupp" gemacht. Ich bin noch kein schillernder, prächtiger Schmetterling, aber ich kann schon ein wenig flattern!

Das macht Mut, denn die nächste Verpuppungsphase kommt bestimmt, und ich raufe mir wieder die Haare, weil ich keinen spürbaren Fortschritt mache. Dann gehe ich hoffentlich entspannter in den Kokon, weiß ich doch dass danach sich etwas entpuppt...

Learning is not a linear process. More knowledge, more experience do not automatically result in more mastership. As everything in nature, learning works in waves. Ascensions, descents, plateaus, seemingly infinite plateaus with sobering stagnation, which however are only the herald of an upcoming development upwards. Even if plateaus sometimes are hard to bear (yes, catwoman!), since nothing seems to happen even if you do your best to advance, they are only cocooning stages, stagnation we need to be able to hatch into the next stage. And all of a sudden, even though you already believed yourself a tango-legasthenic, it happens and you emerged and step onto the next level, dancing with a before unknown ease. I hatched this week-end during a wonderful milonga with very pleasant dancers. I'm not yet a beautiful, dazzeling butterfly, but at least I can flutter a little!

What an encouragement for the upcoming cocooning-phases! I am sure to be tearing my hair, despairing at my non visible progress. But I will hopefully be more relaxed in my cocoon, knowing that this phase is the forerunner of a bit new step!



Donnerstag, 6. Juni 2013

Can-Do-Women

Ich bin eine selbstbewusste moderne Frau, die ihre eigenen Entscheidungen trifft, eigenes Geld verdient, Erfolg im Beruf hat, Kinder erzieht, Zeit in die Partnerschaft investiert und ein paar Hobbies und Leidenschaften  nebenbei pflegt. Das was man lapidar eine Powerfrau nennt. Ich habe (manchmal recht mühsam) gelernt, meinen Weg zu sehen und zu gehen, mein Leben in die Hand zu nehmen, mich zu entscheiden, wer und was ich sein möchte. Nun treffe ich im Tango auf eine ganz andere Frauenrolle. Hier soll ich die Führung ganz und gar abgeben. Nicht hinsehen, wo lang es geht, nicht entscheiden, ob und wie es geht, was als nächstes passiert, ich gebe die gesamte Führungshoheit ab an ein Gegenüber, welches ich manches mal noch nicht mal mit Namen kenne. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen - da müsste sich die selbstbewusste Frau in mir doch auflehnen! Tut sie aber nicht. Im Gegenteil. Sie empfindet es als Balsam für die Seele, abgeben und loslassen zu können. In diesem sicheren Raum mit seinen Regeln der gegenseitigen Achtung nicht verantwortlich für den Weg zu sein, sondern nur das "Wie" zu gestalten, widerspricht nicht meinem Frauenbild sondern tut mir gut und erlaubt mir, mich vollständig zu spüren.

Ich bin überzeugt, dass in uns modernen Frauen eine tiefe Sehnsucht nach diesem Loslassen schwelt und bin dankbar, dass der Tango mir dafür einen Raum bietet, dies zu erfahren und zu leben.

I am a modern and self-confident woman, taking my own decisions, earning my own money, raising my children, investing time in my partnership and cultivating a few hobbies and passions on the side. A can-do-woman. I have learnt (not always the easy way), to see and follow my own path, to take my life in my own hands, to decide who I want to be. But now, in Tango, I am confronted with a totally different female role. I am supposed to render my leadership entirely. Not to look where I am stepping, not to decide, if and where to go, what is to happen next – I hand on my entire leadership authority to a vis-à-vis I sometimes don't even know the name of. This should be inconceivable, I should be revolting! But I am not. On the contrary. It is like an ointment for my soul to let go and yield. Not to be responsible for the course the events within this secure space with its rules of mutual respect does not contradict my female self-image. It is a benefaction allowing me to feel complete.

I am convinced that there is a deep yearning in us modern women for this quality of letting go, of yielding and I am very grateful to have found this space within Tango to experience and live it. 

Montag, 3. Juni 2013

The Nucleus of the Embrace - Der Kern der Umarmung


The nucleus within in the embrace is full of energy

Wie immer bin ich auf der Suche nach Bilder, die meine Entdeckungen und Erkenntnisse auf dem Weg des Tango Lernens darstellen und vielleicht etwas verständlich machen können. Unser Denken funktioniert in Bildern. Und diese Bilder sind stark. Stellt Euch bitte einen Moment lang eine aufgeschnittene Zitrone vor. Und nun stellt Euch vor, ihr beisst in sie hinein... Und? Was passiert? Wasser läuft uns im Mund zusammen und fast zucken wir bei unter der Vorstellung der spitzen Säure. Aber das war nur ein Bild. Keine echte Zitrone. Bilder sind stark, sie können zerstören, aber sie können auch stärken und wachsen lassen. Diese Bilder suche ich.

As always, ever since I started learning to dance tango, I am searching for images to transport and make transparent my discoveries and insights. Our thoughts works with images. And these images are strong. Please, just for moment, imagine a lemon cut open. Now imagine biting into this juicy lemon... What happens? Inevitably water collects in our mouth, we even twitch when imagining the sharp sourness of this lemon. But this is just an image, not a real lemon causing these reactions. Images are strong. They can destroy but they can also strengthen, stimulate, bring about growth. It is these images I search for. 

Eine Weile schon suche ich nach einem Bild, welches erklärt, was in mir passiert in einer intensiven Umarmung beim Tango tanzen. Es muss gar nicht unbedingt eine enge, es kann sogar eine offene Umarmung sein. Maßgeblich ist der Flow des Momentes, die Harmonie und gleichzeitig die Spannung zwischen beiden Tanzpartnern. Ich empfinde dann manchmal fast so etwas wie eine dritte Präsenz zwischen mir und meinem Tanzpartner, eine eigene Kraft in der Mitte in dem Zwischenraum zwischen dem Bogen, den unsere Arme spannen. Dieser Kern, mandelförmig oder wie ein Auge, hat eine starke Präsenz, die ich dann fast fühlen kann, da ist kein leerer Luftraum. Ein bisschen mystisch ist das schon, das gestehe ich gerne ein, aber ich bin überzeugt, dass viele andere Tänzer ebenfalls diesen Kern der Umarmung kennen - vielleicht hat er sogar einen Namen, den ich nur noch nicht kenne? Wenn ich von Zeit zu Zeit diese Gegenwart spüre, diesen Kern, bin ich beglückt und fühle mich wahrlich IM Tango. Das Bild des mandelförmigen Kernes hilft mir, den Weg dorthin zu rück zu finden.

For a while now I am searching for an image to describe what happens to me in an intense tango embrace. It can be an open or close embrace, that is unimportant. Essential is the flow of the moment, the harmony and at the same time the tension between the dance partners. Then I sometimes feel a third presence between me and my dance partner, a force in the space between the arc of our arms. This nucleus, formed like an almond or an eye, has a strong presence I can feel expanding. It certainly sounds a bit mystical, please excuse the temptation, but I am sure that many other dancers out there have made similar experiences. Maybe this nucleus even has a name in this Tango world where practically everything is named with beautiful spanish words? When I occasionally feel its presence, I am thrilled and have the feeling of being inside Tango. The image of the almond-nucleus guides me to return there.