Is tango easy or terribly hard? A graphic artist goes on an adventurous trip into the world of
the tango - discovering, laughing, struggling,despairing, learning. Can I tango? Maybe!

Freitag, 24. Mai 2013

The Gaucho Inside You


Gaucho versus modern man

Ein spannendes Bild habe ich vom letzten Tango-Unterricht mitgenommen: Die ersten Tango-Tänzer waren bekanntlich Gauchos (und jetzt verzeiht mir das plakative Bild), die nach einem langen Tag harter Arbeit mit schweren Gliedern von ihrem Pferd steigen und in der nächste Ortschaft nach Ablenkung und Entspannung suchen. Unter anderem beim Tanzen. Was für eine gänzlich andere Voraussetzung gegenüber einem Tango-Tänzer unserer Zeit! Im Zweifel geht er einem Beruf nach, der ihn zu vielen Stunden Sitzen am Schreibtisch und Computer verpflichtet. Körperlich betätigt er sich beim Rasenmähen, im Fitnessstudio, beim Joggen – und beim Tango-Tanzen. Natürlich mit nur halb so schweren Gliedern wie unser Gaucho. Vielleicht hilft es, sich von Zeit zu Zeit in so einen Gaucho mit seinen schweren Stiefeln und sehnigem Körper hinein zu denken, um die nötige Schwere zum Tango-Tanzen zu finden. Für mich als Frau eine besondere Herausforderung!

From my last tango lesson I took home a thrilling picture: the first tango dancers were Gauchos, as we all know, who (please forgive this simplified picture), after a long days work and with heavy limbs climb from their horses and go into town to find some amusement and distraction. Going dancing. What an entirely divergent precondition compared to a modern Tango dancer! Most probably he persues a trade keeping him sitting behind a desk and computer for most of his day. His bodily activity is retrained to mowing the lawn, working out at a gym, jogging - and Tango dancing. Obviously with only half as heavy limbs as our Gaucho. Maybe it helps to imagine from time to time being such a Gaucho with his heavy boots and brawny body as to find the necessary ponderosity needed for dancing Tango into the ground. A very special challenge for me as a woman!

Dienstag, 21. Mai 2013

Letting go - Vom Loslassen




Ich habe den Eindruck, man kann dem Tango Argentino von zwei sehr unterschiedlichen Seiten her nahe kommen. Von der einen Seite kommend lernt man unzählige Schrittfolgen, Figuren, und ruft sie beim Tanzen ab, um sie perfekt aneinander zu puzzeln. Man kann immer und immer mehr Schrittfolgen lernen, aber egal wie viele es sind, irgendwann kommt man an eine Begrenzung. Der Wille ist ein führendes Element, denn er sammelt um besser zu werden immer mehr Figuren.

I have the impression you can learn Tango from two quite opposite sides. Approaching from one side, you learn steps and figures, many of them, and try to reproduce them when dancing, adding them up to a row of movements. You can learn more and more figures, but no matter how many you learn, you will at one point reach a limit. My will is a leading element here, trying to collect more and more figures to become a better and better dancer. 

Die andere Herangehensweise führt über das Lernen einer Grundeinstellung zu sich und zum Tango. Einem Erlernen der kleinster Nenner aller Schritte und Figuren. Dieser Weg geht davon aus, dass im Tango Argentino die Schritte und Folgen improvisiert werden und versucht die besten Voraussetzungen dafür zu schaffen. Elemente dieses kleinsten Nenners sind Balance, Achse, Natürlichkeit, Loslassen. Es wird sich deutlich länger und intensiver mit diesen Grundlagen beschäftigt, eröffnet aber auf lange Sicht das größte mögliche, fast unendliche Spektrum an Schritten und Figuren, da jeder Schritt beliebig improvisiert werden kann.

The second approach leads through a basic adjustment to the Tango. The learning of the basic elements of Tango. This approach considers Tango an improvised dance and teaches the basic elements providing the best precondition. Some of these basic elements are balance, axis, naturalness and letting go. There is more time spent with these basics but in the long run allows the largest possible amount of steps and figures since every step can be changed and improvised at any given moment.    

Dieses Wort "Loslassen" kam eben so umprätentiös daher, aber es beschäftigt mich seit dem Beginn meiner Tango-Laufbahn intensiv. Wir verwenden es meist wenn wir meinen, jemand sollte sich mit einer Situation abfinden, z. B. nach einer Trennung den Ex-Partner "loslassen". Dann werden Augen gerollt und bedeutungsvoll geschaut. Aber so recht wissen wir gar nicht wie das geht, das Loslassen. Wir wissen viel besser wie das "haben wollen" funktioniert. Liegt vielleicht auch in unserer Natur.

These words "letting go"seem so unpretentious but have been keeping me busy since the beginning of my tango-career. In our every day life, we use them when we want somebody to accept a situation, i. e. letting go of the ex-partner after a separation, combined with meaningfull glances. But actually we don't really know how that works, "letting go". We know much more about "wanting to have" - maybe that is more in our nature.

Im Tango Argentino lernen wir viel über dieses Loslassen, und das auf zwei Ebenen. Mein Tangolehrer redet von der ersten Stunde vom Loslassen, davon, die Beine loszulassen, unseren Körper, damit wir fest und tief im Boden stehen und das nicht belastete Bein entspannt am Boden hängt. Loslassen nicht als Fallen lassen, zusammen sacken, sich aufgeben, sondern Loslassen als Gegenpol zum zu verkopften Wollen, übergroßer Spannung, dem so oft korrigierten "Hochziehen". Wie lasse ich meine Beine los, so dass sie entspannt über den Boden gleiten, der Gravität folgen, dem Körper folgen aber nicht willentlich gehoben und gesetzt werden? Nachdem ich mich lange auf die Beine konzentriert habe, habe ich festgestellt, dass das Loslassen der Beine zwischen Bauch und Hüfte beginnt. Mit einer aufrechten Haltung, entspannten Schultern und etwas geöffneter Brust wird der Bauch ein wenig angespannt, gerade genug um dies zu spüren. Lässt man jetzt alles darunter los, trennt sich wie bei der Torsion (siehe Blogeintrag "Twice Dissociated") der Körper in einen ruhigen, aufgerichteten Oberkörper und einem scheinbar davon getrennten, schweren, entspannten Unterkörper. Das Loslassen geht hier Hand in Hand mit einer Grundspannung im Körper und ist somit alles Andere als ein sich fallen lassen.

In Tango we learn a lot about "letting go". On two levels. From the first lessen on, my tango teacher tells me to let go my legs, my body as to be rooted deeply in the floor with one leg carrying my weight and a loose and relaxed leg, hanging and floating on the floor. This letting go is not dropping or falling, but the opposite pole of too much wanting, too much tension, a tense pulling up of the body. So how do I let my legs go, so that they can float relaxed over the floor, following gravity and the movement of my torso, but not being lifted or posed? Quite a while I concentrated on my legs to achieve this but have now learned that letting go starts further up. Somewhere between stomach and hips. With an upright pose, relaxed shoulders and arms, slightly opened chest and a minimum of tension in the stomach, just enough to feel it, everything underneath unhinges (see my post "Twice Dissociated"). Letting go my legs starts exactly here and goes hand in hand with a basic natural tension of the body.

Die zweite Ebene, auf der sich beim Tango das Loslassen übt ist auf der des Wollens, meines Kopfes. Ich will schnell und gut Tango lernen, ich will Schritte und Anweisungen schnell umsetzen, ich will die Haltung perfekt können, ich will keine Fehler machen, ich will neue Figuren lernen, mehr lernen, ich will... und schwupp ist alle Lockerheit aus mir verschwunden, ich bin verspannt, hoch gezogen und unflexibel. Natürlich braucht ein Lernprozess einen Willen, der einen anschiebt. Aber damit Erlerntes tiefer in das System eindringt, braucht es Entspannung, es braucht das Loslassen. Das haben Neurowissenschaftler mittlerweile bewiesen. Also: tief ein- und in den Boden ausatmen, die Schultern wieder locker lassen, lachen und den Kopf Kopf sein lassen. Wie viel größer ist anschließend der Genuss des Tanzens!

The second level of "letting go" happens in my head. I want to become a good tango dancer, I want to learn the pose perfectly, want to learn the steps, perform my teachers instructions, I don't want to make mistakes, want to learn new figures, learn more, I want to... and bingo - all looseness has disappeared, I am tense, pulled up an inflexible. Certainly, every learning process needs a strong will to motivate. But to have things we learn enter deeper into your system and to stay there, we have to relax, to let go. This has even been proven by neuroscientists, trying to understand the process of learning. Therefore: breathe in deeply and out into the floor, let my shoulders relax, laugh and ignore all the wanting of my head, let go! How much more pleasure dancing thereafter!


Mittwoch, 8. Mai 2013

Su Dignidad


Eine aufrechte Körperhaltung vermittelt Stolz
An upright posture suggests pride

Die eine Zeile aus dem Piazzolla-Tango "Vuelvo al Sur" (siehe Eintrag "In Search of my South") schwirrt jetzt schon eine Weile in meinem Kopf herum: "... Quiero al Sur, su buena gente, su dignidad..." = Ich liebe den Süden, seine guten Menschen, seine WÜRDE. Würde, was ist das? Ist das das Gleiche wie STOLZ? Nicht ganz. Stolz ist ein Gefühl, welches von einer Leistung, einem Tun oder Sein gefüttert wird. Man ist stolz auf etwas erreichtes, eine Handlung, eine Zugehörigkeit, auf sich, auf jemand anderen. Manche sind auch stolz auf ihr Auto oder ihr Haus, aber dahinter steht der Stolz, etwas erreicht zu haben. Bei dem Wort Stolz fällt uns sofort eine bestimmte Haltung ein – erhobener Kopf, aufrechter Gang, gerader Rücken, leicht nach vorne geschobenen Brust und im Gegenzug etwas nach hinten fallen gelassene Schultern. Das ist die Haltung eines Tangotänzers. Und es macht ganz bestimmt etwas mit uns, diese Haltung zu pflegen. So wie es etwas mit uns macht, wenn wir den Mund, das Gesicht zu einer lachenden Mimik verziehen. Sofort spürt man ein leichtes Aufhellen des Gemütes, auch wenn man nicht tatsächlich gelacht hat. Ähnlich ist es bei Körperhaltungen. Ich glaube nicht, dass man in dieser "stolzen" Haltung gehen und sich gleichzeitig wie das ärmste Würmchen auf der Erde fühlen kann. Ich bin überzeugt, dass dieses Haltung üben im Tango uns verändert und dass es einen Teil der Ausstrahlung des Tangos ausmacht. Natürlich kann der Stolz wie jedes Gefühl überzogen werden und verliert dann seine positive Konnotation. Wie so oft im Leben ist es die Frage des richtigen Maßes... 

One line from Piazzollas Tango "Vuelvo al Sur" (see post "In Search of my South") has not left my head for days:  "... Quiero al Sur, su buena gente, su dignidad..." = I love the south. Its good people, its dignity. DIGNITY, DIGNIDAD, what is that? Is it the same as pride? Not really. Pride is an emotion brought about by an achievement, a deed or object. We are proud to have achieved something, to possess something, a group achievement or a singular one. Some people are proud of their car or their house, but these objects are only symbols for their achievement. When we think of pride, we immediately envisage a certain posture: upright pose, head lifted high or at least straight forward, straight back, chest slightly opened forward and shoulders heading back and down. This is the posture of a tango dancer. We change when we practice this posture, training to walk upright but rooted. As we change when we grimace a smile on our face, even when not laughing. Our mind immediately brightens up, we relax. Working on your posture has similar effects. I don't believe you can continue to feel like the scum of the world while walking in this proud upright posture. I am convinced that training this posture in tango changes us and this change is responsible for some of the radiance of tango. Obviously, pride as any other emotion can be overdone and exaggerated to the extent of loosing its positive connotation. Once again, it is the question of finding the right measure...

Aber zurück zu der im Tango "Vuelvo al Sur" besungenen Würde. Würde ist nicht das Gleiche wie Stolz. Während der Stolz ein momentanes Gefühl ausdrückt, umschreibt Würde eine Art und Weise mit dem Leben umzugehen. Sich dem Leben zu stellen, seinen Herausforderungen. Es umschreibt für mich die Tatsache, sich nicht aufzugeben und mit Achtung vor sich selber und den Menschen in seinem Umfeld zu leben. Würde beinhaltet das Wissen darum, jemand wertvolles zu sein, eine wertvolle Rolle im Räderwerk der Welt zu spielen, egal wie klein sie ist. Woher kommt diese Würde? Kann man sie sich ganz aus sich heraus erreichen? Welche Rolle spielen familiäre Prägung und die Sicherheit, eine Linie an Vorfahren hinter sich stehen zu haben? Wo ist unsere Würde, meine, Deine, wo die der Deutschen mit ihrer gebrochenen Geschichte? Manchmal glaube ich, wir haben sie als Volk verloren.

But lets return to the dignity sung about in "Vuelvo al Sur". Dignity is not equivalent to pride. While pride expresses an emotion, dignity describes a way to cope with ones life. How to face up to the challenges of life, which position to take. You always have a choice, no matter how awful or restraining a situation is. You have the choice to find you own point of view, your position. Dignity to me it describes a certain position towards life and towards oneself. Not to give up your own self esteem and your respect for the others around you. Dignity includes the knowledge of being an important and singular element in the carousel of this world, no matter how small this element may be, having ones one place and position. But where does it come from, this dignity? Can you find it, bring it out in yourself? Which role does our family imprint play? What role the security of having a line of ancestors behind you? Where is our dignity, mine, yours, where is the dignity of us Germany with our broken history? Sometimes I believe it lost for ever as a people.

Tango erzählt sehr viel von Stolz. Und von Würde. Der Stolz alleine riskiert oberflächlich oder selbstzentriert zu sein. Erst gepaart mit der Würde entfaltet er seine ganze Kraft und Ausstrahlung.

Tango is about pride. And about dignity. Pride by itself risks being too superficial and self centered. It needs the search for dignity by its side to develop its unique and touching radiance.

Dienstag, 7. Mai 2013

Kaleidoscope Voice


Alberto Podestá


Eine Neuentdeckung für mich in der Tango-Musik ist der Sänger Alberto Podestá, den ich in Aufnahmen mit dem Orquesta De Miguel Calo entdeckte. Mich beeindruckt die Wandelfähigkeit seiner Stimme. Sie kann den einen Augenblick noch sanft, samtig und sehnsüchtig sein, eine Sekunde später ist sie wütend, fordernd, hart. Dazwischen liegen so viele Emotionen, dass man sie kaum aufzählen kann - Verzweiflung, Sanftmut, Resignation, Seligkeit, Wut, Enttäuschung, Bestimmtheit. Es ist als hätte die Stimme unzählige Farben. Mal schillert die eine mehr, dann die andere - ein Kaleidoskop an Stimmfarben und Emotionen, das einen ganz atemlos hinterlässt.

I have only recently discovered Alberto Podestá as a singer when listening to recordings of the Orquestra De Miguel Calo. I am impressed by the way his voice is able to change, showing the emotions he is singing about. One moment, it is soft as velvet, full of yearning, the next second angry, demanding and hard. In betwee,n there are uncountable emotions - despair, gentleness, tenderness, resignation, anger, bliss, disappointment, resolution... It is as though his voice had thousands of colors. Always a different one prevailing, changing fast - a kaleidoscope of tints in his voice, of emotions which leave you breathless.

Podestá hat eine lange Gesangskarriere erlebt. Aber am besten gefallen mir die frühen Aufnahmen, in denen seine Stimme noch so wandelfähig ist, in denen sie unsäglich samtig klingen kann, dass man schier dahin schmelzen mag, nur im nächsten Moment von seiner Wut aufgerüttelt zu werden. Ich habe einen Gassenhauer von ihm herausgesucht, der das am besten darstellt: Que Falta Que Me Hacés, mit dem Orquestra De Miguel Calo. Genießt!

Podestá was fortunate to live a long singing career. But I like the early recordings best where his voice is still so flexible with this unique soft glaze, letting me melt away only in the next moment to be jolted upright by his anger. I have chosen one of his most famous songs, in which you can easily understand my words: Que Falta Que Me Hacés with the Orquestra De Miguel Calo. Enjoy!