Es ist immer wieder überraschend für mich, wie wenig man einem Tänzer (und wohl ebenso einer Tänzerin) ansehen kann, wie es sich anfühlt, mit ihm oder ihr zu tanzen. Auch wenn ich bei einer Milonga die Tänzer lange beobachte, versuche mir ein Bild zu machen, zu ahnen, wie es sich anfühlt, sich in ihre Arme zu begeben und von ihnen führen zu lassen, so bin ich eigentlich jedes mal überrascht, wie weit die Vorstellung von der Realität abweicht. Ein Tänzer, der weich und ruhig aussah, so dass es eine Wonne sein müsste mit ihm zu tanzen, erwies sich mit mir in seinen Armen als fest, klammernd und unflexibel. Ein anderer Tänzer, bei dem ich Sorge hatte, dass er mir den Raum lässt, auf meiner Achse zu stehen und dort zu bleiben, fühlte sich in der getanzten Realität luftig, einfühlsam und dennoch sehr klar an, so dass die Tanda ein reiner Genuss war und ich anschließend erst von einem anderen Stern zurück geholt werden musste, um mich zu orientieren und zu meinem Platz zurück zu finden. {An dieser Stelle füge ich einen Lobgesang auf die Tradition ein, seine Tanzpartnerin nach einer Tanda zurück zu ihren Platz zu führen. Wenn wir davon ausgehen, dass der Tanz eben so ein vom Boden abhebender war – und davon sollten wir immer ausgehen – dann wird der ganze Zauber des Augenblicks in Sekunden schnelle ernüchtert, wenn die soeben wieder auf dem Erdboden gelandete Tänzerin völlig verdaddert auf eben welchem stehen gelassen wird. Ich bin allen Tänzern sehr dankbar, die mich sicher zu meinem Platz zurück führen.}
Again and again I am surprised to see how little one can find out by watching a dancer about how it feels to dance with him or her. Even if I take my time during a milonga to watch all dancers in order to detect how it could feel to dance within their arms, to be led by them, I am quite surprised to find that reality feels very different. A tanguero who seemed calm and subtle so that I had hoped for a delightful tanda with him, was stiff and inflexible with me in his arms. Another dancer, whom I watched with a little reservation, doubting if he would leave enough space to be and stay on my axis, was pure bliss with a wonderful blend of softness, lightness and determination, leaving me starry-eyed and helpless on the dance floor after the tanda. This is the ideal opportunity to praise the tradition of bringing ones dance partner back to her seat after a tanda. If we assume - and we always should - that the tanda was one of those leaving her starry-eyed and out of this world, then the magic of the moment will be in shambles if you leave her helpless on the dance floor, work achieved. I am very grateful to all tangueros guiding me back to my seat!
Aber zurück zu dem Unterschied zwischen äußerer Wahrnehmung und innerem Tanzgefühl. Vielleicht liegt meine Überraschung daran, dass ich in meinen Tango-Kinderschuhen stecke und zu wenig Erfahrung habe. Einen Anteil an diesem Phänomen hat ganz bestimmt die Tatsache, dass beide Tanzpartner auf den jeweils anderen reagieren. Ein Tänzer kann mit einer bestimmten Tänzerin hervorragend harmonieren und einfühlsam tanzen, während zum Beispiel die fehlende Balance einer anderen Tänzerin ihn anstrengt und fest werden lässt. Meiner Meinung nach die Hauptverantwortliche für dieses Phänomen ist allerdings die Tatsache, dass man das innere Gefühl einer getanzten Umarmung von außen nicht oder nur unzulänglich ablesen kann. Innerhalb einer solchen Umarmung passieren Dinge, die mit dem äußeren Bild recht wenig zu tun haben. Man sucht nach äußeren Indikatoren, um auf das innere Gefühl zu schließen, aber letzen Endes sind das nur Krücken. Es bleibt nur das Ausprobieren.
But lets return to the difference between perception from the outside and inner feeling. Maybe my surprise at this phenomena is due to me being in my tango-childhood with too little experience. Another cause will certainly be that both dance partners react to another. A dancer harmonizing perfectly with one certain tanguera can be stiff and forcing with another, maybe due to her lack of balance. In my opinion, the major cause for this phenomena is the fact that inside and outside do not correlate. What happens within the embrace is something intimate which is not visible to the outside. Since we only perceive the outside, we look for indicators that may give us a clue about the inside. But this is but a crutch. The only way to find out is to try out!
An dieser Stelle möchte ich mich noch mal auf meinen Blog-Eintrag vom 3. Februar (Schokoladentarte mit Tango) beziehen. Damals – ja, ich finde das kann ich sagen, denn das scheint mir schon Jahre her, auch wenn es nur 4 Monate sind – damals also war ich nur Beobachter und versuchte die Haltungen und Gesichtsausdrücke, also das Äußere der getanzten Umarmungen zu deuten. Ich war überrascht über die ernsten, manchmal fast mürrisch wirkenden Gesichter. Aber das war mein Blick von außen. Wenn wir nach innen gekehrt und konzentriert sind, verändert sich unser Gesichtsausdruck. Viele Menschen sehen dann eben etwas ernst und mürrisch aus. Nur sehr wenige lächeln. Und dieses Äußere sagt recht wenig aus darüber, wie sich die Umarmung tatsächlich anfühlt, wie sich die Tänzer in ihr fühlen. Mürrisch und gelangweilt waren die Tänzer sicher nicht und ich möchte mich für meinen noch unreifen Blick entschuldigen. Ich merke, wie sich mein Blick im Laufe der Zeit, die ich mich mit Tango beschäftige immer wacher und liebevoller wird. Das liegt sicher daran, dass ich mich nicht mehr ganz im Außen fühle, und dass ich täglich neues über die Welt des Tango und über die Menschen, die in ihr leben, lerne. Und das gefällt mir.
I want to return to my post of February 3rd (Schokoladentarte mit Tango), in which I described my observations during a milonga. This was ages ago, even if only 4 months. I was not dancing, I had taken the role of an external observer and, very curious, tried to interpret the poises, expressions, movements of the dancers. I was surprised to find so many serious, even glum expressions. But that was just my external view. When we are concentrated or turned to the inside, our expression changes. Many people look a bit grumpy when very concentrated. Very few smile. This outside view tells us very little about what actually happens in the embrace, how it feels. Those dancers certainly weren't glum or grumpy, and looking back I want to excuse my premature perception. I am growing the more I enter and learn about the world of the tango and its inhabitants. My perception becomes more and more aware. And that I enjoy!
Ich fand die Gesichtsausdrücke von einigen mir gut bekannten Tänzern auf Bildern (meist auf Facebook veröffentlicht) immer extrem seltsam.
AntwortenLöschenAllerdings nur bis zu dem Tag, an dem ich mich selber auf Bildern (meist auf Facebook) wieder gefunden habe.
Da gab es eine kleine Diskrepanz zwischen meinem Selbstbild und dem veröffentlichten Fremdbild.
Seitdem versuche ich (meist erfolglos) meinen Gesichtsausdruck bein Tanzen etwas zu kontrollieren. :-(
Ich finde, das ist ein ganz wichtiges Thema. Diese dauernde Knipserei beim Tango (womöglich noch mit einem professionellen Blitz)... meistens wird mit einem 200mm Tele direkt auf die Gesichter der Tanzenden gehalten. Wahrscheinlich bin ich altmodisch, aber ich finde das indiskret. Vor Jahren habe ich mal eine Glosse geschrieben (toscabelle, ich hoffe, ich darf die einmal hier verlinken):
LöschenEwald, der Event-Fotograf - Eine Schmähschrift
Hallo Klaus! Ich finde das die ungünstigste Reaktion auf diese veröffentlichten Bilder - zu versuchen, seinen Gesichtsausdruck beim Tanzen zu kontrollieren. Neeee! Das hier ist Privatsphäre, mehr dazu gleich in der Antwort auf Cassiels Kommentar. Ich finde es wunderschön, dass hier eine ehrliche, ungeschminkte Seite von uns nach außen dringt, sie erzählt von der Intensität des Erlebten und soll bitte nicht retouchiert werden! Tänzer und Tänzerinnen, die auf ihre Wirkung nach außen bedacht sind, können nicht gleichzeitig wirklich im Nukleus, in der Begegnung, im Tanz, in der Umarmung sein. Und das willst Du ganz bestimmt nicht. Ich wünsche Dir bei der Gesichtskontrolle weiter so wenig Erfolg!
LöschenHallo Cassiel! Du bist nicht altmodisch, sondern achtest nur auf Deine Persönlichkeitsrechte. Das finde ich ziemlich modern. Es gibt so etwas wie das "Recht am eigenen Bild", welches zum Schutz der Privatsphäre geschaffen wurde. Hierzu eine sehr informative Seite: http://www.rechtambild.de/2010/03/das-recht-am-eigenen-bild/. So recht passen keine Ausnahmen auf die Situation in einer Milonga. Das heißt, der Fotograf und der Veranstalter müssen im Vorfeld abklären, ob die zu fotografierenden Personen mit dem Foto und einer Verbreitung einverstanden sind. Ich bin mit einem Pressefotografen befreundet, der von diesem Recht am eigenen Bild ein Lied singen kann. Um nicht verklagt zu werden, holt er sich bei aber auch jedem Bild die Einwilligung der Beteiligten. Und das ist richtig so. Ganz zu schweigen von einem störenden Fotografen oder gar einem Blitz mitten in einer Milonga. Das stört das Gefüge und die Stimmung gewaltig. Ich würde von einem Veranstalter erwarten, solche Fragen VOR der Veranstaltung mit den Beteiligten zu klären und vor allem während der Veranstaltung die Tänzer und die Ronda zu schützen. Auf diese Rechte zu pochen ist nicht altmodisch, sondern wichtig. Um sich selber, aber auch um die Qualität der Milonga zu schützen.
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