Is tango easy or terribly hard? A graphic artist goes on an adventurous trip into the world of
the tango - discovering, laughing, struggling,despairing, learning. Can I tango? Maybe!

Sonntag, 3. Februar 2013

Schokoladentarte mit Tango

Als Ausgleich für mein gestriges Kneifen war ich heute auf einer Nachmittags-Milonga in der Großstadt. Eine Nachmittags-Milonga, so schien es mir, würde die Schwelle nicht so hoch halten, das müsste etwas entspannter sein und mir die Berührungsängste nehmen. Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe nicht getanzt. Ich war sehr pünktlich da - schöne Räume, gute Musik, ein leckerer Milchkaffee und eine verwerflich cremige Schokoladentarte... Alles bestens. Es füllte sich langsam doch auf der großen Tanzfläche war es nie gedrängt. So konnte ich in Ruhe allen Tänzern zuschauen. Vielleicht hat dieser ausgeprägte Beobachter-Status auch verhindert, dass mich jemand zum Tanzen lockte. Vielleicht hätte ich auch mein Skizzenbuch nicht zücken sollen? Da ich nun aber Beobachter blieb, kann ich nur meine Beobachtungen und nicht meine Erfahrungen teilen.

Aber alleine das Beobachten war den Ausflug wert. Was für unterschiedliche Menschen, Tänzer, Tanzhaltungen...! Schon alleine die verschiedenen Varianten, wie die Gesichter in dieser "getanzten Umarmung" gehalten werden: Manche Frauen schauten über die rechte Schulter ihres Partners, ihre rechte Wange fast an seiner rechten Wange. Mit dem in die Ferne gerichteten Blick hatte das allerdings etwas leicht gelangweiltes. Ein viel innigerer Eindruck entstand, wenn die Frau ihre Augen schloss. Oder die zweite Variante - sie wendet ihr Gesicht dem seinen zu und berührt fast oder berührt mit ihrer Stirn seinen Kopf, seine Wange. Das habe einige Paare sehr schön dargestellt. Merkwürdig wurde es nur, wenn sie ihren Kopf zu hoch reckte und ihre Nase quasi in sein Gesicht drängte - die Nase wurde dann zur Seite gedrückt und das war auf Dauer sicher nicht sehr angenehm. Die dritte Variante, die ich beobachten konnte, war cheek-to-cheek - ihre linke Wange an seiner rechten Wange. Ein wenig sah das auch anstrengend aus, aber dennoch auch sehr innig. Jedenfalls bei dem Paar bei dem ich es beobachten konnte. Natürlich gab es dann noch alle etwas distanzierteren Varianten, ihr Kopf mehr nach links oder mehr nach rechts gedreht. Ungünstig erschien mir hier ein zu ausgeprägter Größenunterschied - eine Frau war einen Kopf kleiner als er und hatte ihre Nase quasi in seinem Brusthaar (okay, war von einem Hemd umhüllt). Ich konnte nicht ausmachen, welche Haltung am ehesten eine innigen Umarmung ausdrückte - das hing wohl weniger von der Haltung als von der inneren Einstellung ab. Die Paare, die eine Innigkeit ausdrückten, waren eine Wonne zu beobachten.

Genauso groß war die Vielfalt, die Schritte zu setzen. Es war alles dabei von fast stampfenden Schritten bis zum Gleiten. Einem Paar sah man an, dass es schon einige Tanzkurse im Standard-Tanz absolviert hatten - die Haltung und das typische Wippen oder Eintauchen in die Schritte war unverkennbar und irgendwie fehl am Platz hier. Eine sehr schlanke Frau hing an ihrem Partner und ließ sich tatsächlich wie eine Schlenkerpuppe hin und her bewegen, die Füße folgten willenlos. Da war keine eigene Energie mehr in den Füßen, in ihrem Körper, keine Seele und sie erinnerte ein wenig, ich bitte um Verzeihung, an eine dieser aufblasbaren Gefährtinnen aus dem Rotlicht-Milieu. Mehr beeindruckten mich die Tänzerinnen, die mit eigener Energie dabei waren, die Impulse aufnahmen und weiter formten.

Ich hatte auch reichlich Gelegenheit, Tanzschuhe zu bewundern! Ja, ihr wisst ja, ich habe einen Schuh-Fimmel. Zauberhafte Modelle waren da, alles von ganz flachen Turnschuhen (wie hält man es so aus, immer auf den Ballen zu stehen, ohne jemals die Ferse ein wenig auszuruhen?) bis zu unglaublich hohen Absätzen. Glitzer, Samt, Riemchen in allen Formen, auffällige rote und weiße Schuhe bei Herren... Faszinierend! Allerdings sah ich auch viele sehr gequälte Füße. Absätze, die offenbar zu hoch waren, Füße, die an manchen Stellen schon rot geschubbert waren, Pflaster an Hacken - das kann auf Dauer nicht schön sein. Bei allem Galmour dieser Schuhe lobe ich meine einfachen schwarzen treuen Begleiter, die mir noch nie Schmerzen bereitet haben.

Und die packte ich nach fast zwei Stunden auch wieder ein und ging unverrichteter Dinge aber voller neuer Eindrücke wieder nach Hause. Ich werde mich das nächste Mal wohl etwas offensiver um einen Tanzpartner bemühen müssen. Aber für dieses Mal war es ausreichend und erfüllend. Und immerhin genug Stoff für einen Blog-Eintrag!




4 Kommentare:

  1. Ach schade, die haben wir nicht mehr geschafft. Nachdem wir Freitag auf einer Milonga, Samstag Workshop und Milonga und Sonntag Workshop hatten sind wir stattdessen lieber lecker Essen gegangen. Zumal wir Montag schon wieder Tango hatten, heute einen Übungsabend machen und morgen ja schon wieder eine Milonga ist.
    Tangowahn? Tja, könnte man so sagen...

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  2. "Gourmand" würden die Franzosen sagen... Aber die Schokoladentarte auszulassen war bestimmt ein Fehler! ;-)

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  3. Die holen wir nach!
    Sonntag war uns mehr nach Grünkohl als nach Torte. Aber die Torte kommt wieder! Und morgen ist ja schon die nächste öffentliche Milonga...

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  4. Wenn man tanz, dann ist man in einer anderen Welt. Wie der Rest, der dem Beobachter zu Gesichte bleibt, wirkt, dass mag ganz unterschiedlich aussehen.

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