Hach - was für aufregende Tango-Erlebnisse! Aber wo fange ich nur an? Eigentlich vor 2 Jahren. Da war ich das erste Mal auf dem Stör-Tango-Ball in Itzehoe, ein schickes Plakat hatte mich gelockt und ich wollte mal rein schnuppern, schauen, was sich dahinter verbirgt. Mich interessierte eigentlich vor allem die Band und ich staunte nicht schlecht, als sich bei den ersten Klängen der Musiker die Tanzfläche sofort füllte und mir die Sicht versperrt wurde. Irgendwie unerhört, konnte ich so doch die Musiker nicht sehen, nur Tänzer! Denen schaute ich nun interessiert zu und vergaß meinen Groll über die nicht sichtbaren Musiker - das war zauberhaft, was dort getanzt wurde. So ganz anders, so warm, nah, intim, innig, musikalisch. Fast wie in Trance schienen einige Paare dahin zu gleiten, von einer unsichtbaren Energie gesteuert, hier verweilend, dort große Schritte, dann nur ausgehaltene Ruhe... Wie würde es sich anfühlen, so tanzen zu können?!
Ein Jahr später hatte ich gerade meine ersten Tango-Tanzstunden erlebt, als es im September wieder Zeit für den Stör-Tango-Ball wurde. Die ersten Tango-Stunden hatten gereicht um zu erkennen, dass das ein sehr großer Kuchen ist, von dem ich da grade nur einen winzigen Krümel gekostet hatte. Ich war voller Ehrfurcht. Und nicht gar so unglücklich, dass ich an dem Ball-Termin verhindert war, der Ball kam und ging ohne mich vorbei. Wie schade eigentlich.
Gerde zwei Wochen her, wieder im September, war wieder Stör-Ball-Zeit. Aber was hatte sich seitdem alles getan! Ich hatte nun ein Jahr Privatstunden, hatte mich erst zögernd, dann immer mutiger auf Milongas getraut und sogar meinen Freund mit meinem Tango-Fieber angesteckt, so dass wir auch als Paar schon drei Monate Tango-Kurs hinter uns hatten. Ich freute mich wie ein kleines Mädchen auf den Ball. Als "Insider" sah alles nun ganz anders aus. Das intensive Beschäftigen mit dem Tango hat meinen Blick geöffnet und mein Verständnis kultiviert, so dass ich mich schon ein klein wenig als Tango-Insider fühle, auch wenn ich natürlich noch lange nicht so viel Erfahrung habe, wie ein Tänzer, der seit 5 oder 10 Jahren im Tango unterwegs ist. Aber ich habe schon ein wenig gelernt, was es braucht für einen guten Tango-Tänzer und was es braucht für eine gelungene Milonga. Ich war doppelt Insider, weil meine eigenen Tango-Lehrer diesen Ball veranstalteten, die ich auf meinem Weg sehr, sehr Wert schätzen gelernt habe. So bibberte ich mit, ob genügend Gäste kommen, ob die Stimmung stimmt, ob sich alle wohl fühlen...
Ich hatte völlig umsonst gebibbert. Der Ball war ein voller Erfolg. Gut besucht, mit einer freudigen, gleichzeitig entspannten Stimmung, einem breiten Spektrum an Tänzern mit viel Respekt für einander, so dass auch die unerfahreneren Tänzer sich in die Ronda trauten. Mich begeisterte es besonders, zu Live-Musik zu tanzen. Auch wenn ein Trio/Quartett nie den Sound eines Orchesters der Epoca de Oro herstellen kann, so springt die Spannung, Energie und Intensität der real in diesem Moment im gleichen Raum musizierenden Musiker ungebremst auf die Tänzer über. Und das ist ein fantastisches Erlebnis! Ich könnte noch so viel erzählen – Von der liebevollen persönlichen Begrüßung von Nina, die ständig einen Blick darauf hatte, ob sich alle wohl fühlen, von Dobris ausgewählt gut aufgelegter Musik in den Pausen zwischen den Live-Auftritten, dem selbstverständlichen Tanzen in der Ronda (was man auf manchen Milongas in der Großstadt vergeblich sucht), von den zaghaften und immer mutiger werdenden ersten Schritten meines Freundes und mir auf der Tanzfläche, von dem schönen Raum, der Stimmung – Hach – ich gerate ins Schwärmen. Und nein: ich bin nicht neutral! Hossa! Nächstes Jahr im September ist wieder Stör-Tango-Zeit und ein wenig freue mich mich jetzt schon darauf.
Nun habe ich großspurig aufregende Tango-Erlebnisse angekündigt und habe doch nur eines beschrieben. Ich werde die Schummelpackung zumindest mit einem zweiten Tango-Erlebnis auffüllen. Aber das muss ich noch ein wenig verdauen und durch meinen Kopf spuken lassen.
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